Dr. Thomas Stauder aus Essen
„Wir sind ein Familienunternehmen zum Anfassen.“
Hallo Herr Stauder. Stellen Sie sich bitte vor.
Mein Name ist Thomas Stauder. Ich bin dieses Jahr 50 Jahre alt geworden. Ich bin verheiratet und habe einen Sohn, der dieses Jahr zehn Jahre alt wird. Ich führe unser Familienunternehmen – die Privatbrauerei Stauder – seit 2005 gemeinsam mit meinem Vetter Axel Stauder. Mein Vetter ist übrigens fast genau gleich alt wie ich. Wir sind mit vier Wochen Abstand im Sommer 1967 geboren worden, zufälligerweise damals zum 100-jährigen Jubiläum der Brauerei. Und wenn man gut rechnen kann, weiß jeder, dass die Privatbrauerei Stauder in diesem Jahr ihr 150. Jubiläum feiert. Ein schöner Zufall.
Es ist sehr spannend, sein eigenes Unternehmen zu führen. Ich könnte mir selber keinen interessanteren Beruf als den in meiner eigenen Brauerei vorstellen. Ein eigenes Familienunternehmen zu führen ist etwas, was einen sehr ausfüllt. Vor allem in unserem Fall, da der Biermarkt kein Zuckerschlecken ist. Er geht jedes Jahr ein Stück zurück und die Konkurrenten sind einfach sehr viel größer als wir. Unser Credo ist da, dass wir die Dinge, die wir als Familienunternehmen besser machen können, auch besser machen müssen.
Ihr Vater Claus Stauder war ehrenamtlich Präsident des Deutschen Tennisbundes. Wie war das für Sie?
1985 wurde mein Vater Präsident – genau in dem Jahr, als Boris Becker das erste Mal Wimbledon gewann. Das veränderte in Deutschland damals die gesamte Tenniswelt. Für mich als 17-, 18-Jähriger war das natürlich sehr spannend. Ich war selbst immer begeisterter Tennisspieler – natürlich nicht auf dem Niveau, aber Tennis war und ist immer mein Sport gewesen. Sowohl aktiv als auch beim Zugucken. Es war eine schöne Zeit.
In welchem Verein haben Sie gespielt?
Ich habe immer im ETUF gespielt – heute in der Seniorenmannschaft.
Was haben Sie beruflich gemacht, bevor Sie in der Brauerei aktiv geworden sind?
Die üblichen Ausbildungsschritte. Nach dem Betriebswirtschaftsstudium habe ich promoviert mit einem Thema, das auch mit Brauereiern und Biermarkt zu tun hatte: „Qualitätsmanagement im Kundenservice – dargestellt am deutschen Biermarkt“. Danach bin ich, anders als man denken würde, nicht direkt in das Familienunternehmen eingestiegen. Mein Ziel war es, mir meinen eigenen beruflichen Weg – meine Karriere – aufzubauen. Man muss es sich offenhalten und Erfahrungen sammeln, um irgendwann eine gute Entscheidung treffen zu können, ob man in das eigene Unternehmen einsteigen möchte oder nicht.
Mein Weg hat in der Unternehmensgruppe Tengelmann begonnen – ein sehr großes Familienunternehmen – damals mit ungefähr 200.000 Mitarbeitern weltweit. Also viel, viel größer als Stauder jemals war. Ich hatte dort insgesamt fünf verschiedene Positionen inne. Ich fing mit Marketing an und zum Schluss habe ich das Controlling im Konzern geleitet. Das war für mich eine sehr spannende und lehrreiche Zeit, vor allen Dingen, weil es eben auch ein Familienunternehmen war. Trotz der anderen Größenordnung haben sich manche Phänomene wiederholt. Witzigerweise hat das Unternehmen in diesem Jahr auch 150-jähriges Jubiläum und ich habe letzte Woche dort die Feier besucht.
Wie war Ihre Kindheit?
Ich hatte eine schöne Kindheit, weil ich in einer wunderbaren Familie aufgewachsen bin. Ich bin natürlich nicht mit Pils in der Babyflasche großgezogen worden – das werde ich oft gefragt – aber es gab bei uns immer nur zwei Getränke zu Hause: entweder Wasser oder das Malzbier von „tut gut“. Das durften wir Kinder uns dann mal gönnen. Ich kann meinen Eltern nur dankbar sein. Sie haben mich sehr liebevoll und sehr normal großgezogen. Ich habe zwei Schwestern, mit denen ich mich bis heute sehr gut verstehe – auch die Familien untereinander und unsere Kinder.
Ich kann auf eine sehr schöne Kindheit hier in Essen zurückblicken. Ich bin auch in Essen zur Schule gegangen – auf das Goethe-Gymnasium.
Wann haben Sie Ihr erstes Pils getrunken?
Das darf ich aus Jugendschutzgründen eigentlich gar nicht verraten … Meine Eltern hatten damals so kleine Bierkrüge in der Größe eines Schnapsglases mit Henkel und Metalldeckel. Daraus durfte ich dann alle paar Wochen ein Mini-Pils trinken. Ob einem das als Kind schon geschmeckt hat, sei mal dahingestellt, aber ich fand das halt einfach cool, weil es die Großen machen durften. In herzhaften Mengen habe ich das aber erst in einem Alter getrunken, in dem das auch in Ordnung ist.
Ist es in Ihrem Sinne, dass Ihr Sohn irgendwann einmal das Unternehmen führt?
Ich glaube, als Familienunternehmer ist das immer ein Wunschtraum, dass man das Unternehmen an seine Nachkommen weitergeben kann. Aber ich würde niemals festlegen oder erwarten, dass das tatsächlich so wird. Das haben meine Eltern mit mir und auch Axels Eltern mit ihm sehr geschickt und richtig gemacht. Es war nie festgelegt, aber durch die ganze Erziehung und dadurch, dass man ja in dem Familienunternehmen aufwächst und das Ganze ständig Thema ist, ist die Motivation und das Interesse schon extrem hoch. Wir haben immer gewusst: Es kommt irgendwann die Entscheidung auf uns zu, aber es ist eben keine Zwangsläufigkeit. Und das war, wie ich finde, eine schöne Regelung. Es muss von beiden Seiten passen – für das Unternehmen und auch für den Nachfolger der Familie.
Haben Sie ein Vorbild, wenn Sie an das Stichwort „erfolgreich“ denken?
Ich habe viele Vorbilder, aber naheliegend ist natürlich, dass ich als Kind gesehen habe, wie mein Vater das Unternehmen mit großem Engagement geführt und es den Alltag ausgefüllt hat, und das hat mich am nachhaltigsten geprägt.
Haben Sie neben Tennis noch andere Hobbies?
Sport allgemein – ich bin generell sportinteressiert, auch fußballinteressiert. Ich bin hier in Essen auch nicht nur Sponsor von unserem Verein Rot-Weiß-Essen, sondern auch von Kindheit an immer Fan gewesen. Das ist auch was, für das man sich nicht bewusst entscheidet, das ergibt sich einfach.
Lesen Sie gerne?
Ich lese gerne englische Romane, um mich auch in der Sprache fit zu halten. Meist nichts Hochgeistiges.
Schauen Sie Fernsehen oder Serien?
Normales Fernsehen fast gar nicht, außer Sport. Serien schaue ich immer gerne zwischendurch. „24“ und „Lost“ waren mein Einstieg ins Serienschauen. Aktuell gucke ich „House of Cards“ und, da ich die Bücher gelesen habe, habe ich mir auch „Game of Thrones“ nicht entgehen lassen. Ich finde, Serien sind ein interessantes Format, weil man sich langsam hineinfindet und danach die Belohnung bekommt, dass man sich noch lange davon interessant unterhalten lassen kann.
Reisen Sie gerne?
Ja, wobei unsere Reisen in den letzten Jahren sehr auf Erholung in familien- und kindgerechter Form ausgelegt waren. Wir waren in den Sommerferien zwei Wochen in Österreich – in erster Linie zum Wandern, Bewegen und Sport machen im Robinson-Club. Das hat uns viel Spaß gemacht und ist auch sehr schön für unseren Sohn. Dort hat er viele Gleichaltrige, mit denen er spielen kann, aber wir können auch als Familie Dinge gemeinsam unternehmen. Das ist eine tolle Kombination.
Gibt es dort auch Stauder?
Dort, wo wir waren, nicht, aber es gibt aber tatsächlich österreichische Hotels, die Stauder anbieten. Ich hatte mir zwei Sixpacks Stauder mitgenommen.
Werden Sie seit der Marketing-Kampagne mit dem grünen Sofa auf der Straße öfter mal erkannt?
Ja. Ganz klar. Wir machen das ja inzwischen seit mehreren Jahren, sind ein Familienunternehmen zum Anfassen und meinen das auch so. Wir möchten unser Familienunternehmen sehr persönlich verkörpern. Und natürlich heißt das, dass man nicht sehr privat ist, wenn man unterwegs ist, aber das ist auch völlig in Ordnung so und war uns auch vorher bewusst. Wenn man angesprochen wird, freut man sich auch darüber, weil es zeigt, dass das, was man erreichen möchte, auch ein Stück weit funktioniert: Die Menschen bringen das Unternehmen und die Personen der Familie zusammen.
Was war der schlimmste Job, den Sie gemacht haben?
Einen schlimmen Job hatte ich nie. Das ist ja immer eine bewusste Entscheidung. Ich habe damals nach dem Abitur in der Brauerei eine Woche lang einen Aushilfsjob gemacht, bei dem ich den ganzen Tag nur frisch gelieferte Flaschen von Paletten in Kisten gepackt habe. Aber das war damals meine Entscheidung, um mir ein bisschen Geld dazu zu verdienen – von daher war der Job nicht schlimm, sondern ich habe einiges über die Arbeitsrealität gelernt.
Wenn Sie etwas an sich ändern könnten, was wäre das?
Ich sage nicht den berühmten Satz „Ich bin zu ungeduldig“, auch wenn das vielleicht manchmal so wirkt. Ich glaube, dass alle gut und zügig ihre Dinge erledigen sollten und könnte da vielleicht manchmal früher nachhaken, um Dinge voranzutreiben.
Was verbindet Sie mit dem Ruhrgebiet, speziell Essen?
Ich bin sowohl privat als auch geschäftlich komplett mit Essen verwurzelt. Ich bin hier aufgewachsen und das Unternehmen befindet sich hier. Sehr erfreulicherweise leben auch viele Freunde und Bekannte von früher noch hier oder sind wieder hierhergekommen. Wir treffen uns alle fünf Jahre mit dem Abiturjahrgang. Da sieht man immer ganz schön, dass sehr viele, auch nachdem sie woanders gewohnt haben, wieder zurück nach Essen gezogen sind. Es scheint einfach, dass Essen nicht nur für mich eine hohe Lebensqualität besitzt. Diese Stadt ist sehr vielseitig – nicht nur beruflich und geschäftlich, sondern auch zum Ausgehen, Freizeit, Theater, Kino – sie bietet viel. Wenn wir Besucher hier haben, ist es immer sehr leicht, sie extrem zu beeindrucken, ihnen aber auch ein bisschen von dem zu zeigen, was die Klischees bedient: von der alten, nicht so attraktiven Industriestadt. Aber ich finde, Essen hat auch unglaublich attraktive Seiten und bietet ein vielseitiges Gesamtpaket.
Gibt es etwas, wofür Sie dankbar sind?
Am allermeisten für meine Familie. Und natürlich für die Gesundheit meiner Familie und meiner eigenen.
Welche Musik hören Sie gerne?
Gern abseits der heutigen Charts. Indie-Rock trifft es am besten. Sehr gern REM – von denen habe ich auch bereits mehrere Konzerte gesehen.
Gerne würde ich Dear Reader live sehen, eine Band aus Südafrika, aber in Berlin ansässig. Außerdem Hundreds, eine deutsche Gruppe aus Hamburg mit elektronisch angehauchter Musik, die ich vor drei Jahren in der Zeche Carl gesehen habe.
Wenn das Leben ein Comic wäre, welche Figur wären Sie dann und warum?
Lucky Luke: Der findet immer den richtigen Weg und bleibt dabei ganz gelassen.
Das Interview führten wir im Oktober 2017.
Das Interview bietet einen Einblick in die Gedanken, Meinungen und Perspektiven der interviewten Person zu diesem bestimmten Zeitpunkt, reflektiert aber nicht zwangsläufig ihre gesamte Persönlichkeit oder ihre langfristigen Ansichten. Das Leben verändert sich stetig. Unsere Überzeugungen, Werte und Erfahrungen entwickeln sich im Laufe der Zeit weiter. Was heute wahr oder relevant ist, kann in der Zukunft anders aussehen. Dieses Interview ist als Momentaufnahme zu verstehen.