Mario Grube aus Bottrop
„Wir machen nicht Tomate-Mozzarella mit Lieferservice.“
Hallo Mario, stell dich bitte kurz vor.
Ich bin Mario Grube, bin 41 Jahre alt und komme aus Bottrop, mittlerweile Bottrop-Kirchhellen – ich hab mich etwas nach vorne katapultiert. Ich habe meine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei Boecker Modehaus in Essen gemacht. Damals habe ich aber relativ schnell gemerkt, dass mir die Mode nicht so ganz liegt. Meine Eltern waren in der Modebranche viele Jahre selbstständig und da sollte ich so reinrutschen, aber das hat mir nicht gefallen.
Was hast du stattdessen gemacht?
Ich habe nebenbei viel in der Gastronomie gearbeitet und hab dann nochmal eine Ausbildung im Sheraton Hotel in Essen gestartet. Zu Essen hatte ich schon immer einen starken Bezug. Das war immer irgendwie meine Stadt, obwohl ich nie dort gewohnt habe, aber ich war eben privat dort oft unterwegs.
Danach habe ich einige Jahre im „König“ im CentrO als Betriebsleiter gearbeitet. Im Anschluss bin ich vier Jahre als Eventleiter für NRW-Events von RedBull tätig gewesen. Das waren zum Beispiel Seifenkistenrennen, der RedBull-Flugtag oder ein AC/DC-Konzert, das wir gesponsert haben. Da habe ich viel über Markenaufbau gelernt – RedBull ist eine brutale Marke für Markenkommunikation. Für Fritz Kola habe ich auch ein bisschen Vertrieb mitgemacht, als die noch ihre Cola aus einer Garage vermarktet haben. Auch da habe ich viel über Markenaufbau gelernt.
Wie kam es dann zur Selbstständigkeit?
Als ich bei RedBull aufgehört habe, habe ich mein eigenes Catering-Unternehmen gegründet: Lime:Line. Wir haben uns auf Getränke-Catering spezialisiert und zwar hauptsächlich Cocktails. Irgendwann hat uns das nicht mehr gereicht und so haben wir auch Kaffee mit ins Konzept aufgenommen.
Wir haben einen besonderen Kaffee gesucht, den ich dann bei einem Freund – Patrick – gekauft habe. Der kam aber irgendwann nicht mehr mit der Lieferung hinterher und so kam die Idee „Mahlgrad“ mit Sitz in unserer Catering-Firma zu gründen und unseren eigenen Kaffee herzustellen.
Zu der Zeit habe ich einen ganz spannenden Menschen kennengelernt: den Koch David Spickermann. Mit ihm haben wir oft Events veranstaltet. Er hat 13 Jahre lang im Dorstener Sterne-Restaurant „Goldener Anker“ beim Sternekoch Björn Freitag gearbeitet, davon die letzten sechs Jahre als Küchenchef. Er hat für die Schalker Mannschaft gekocht, er kennt die gesamte Sterne-Nummer rauf und runter und hatte irgendwann darauf keine Lust mehr. Dann ist er glücklicherweise bei uns mit eingestiegen. Wir haben eine komplette Küche in unser Gebäude mit eingebaut. So konnten wir Lime:Line zum kompletten Catering ausbauen, mit einer Qualität, die alle umgehauen hat.
Was ist das Besondere an seinem Kochstil?
Er ist Freestyler und es schmeckt einfach grandios. Der Koch ist von einem anderen Stern. Damit haben wir einen Riesenhype bekommen.
Kaffee war aber nach wie vor schwierig. Damit Geld zu verdienen, ist nicht einfach. Hat sich aber doch langsam etabliert. Es kommt schon vor, dass Menschen für unseren Kaffee extra nach Oberhausen fahren.
Was habt ihr für ein Zielpublikum?
Wir sind mit dem Essen eher hochpreisig und arbeiten für große Firmen oder machen Catering für Messen oder andere große Events. Wir machen nicht Tomate-Mozzarella mit Lieferservice. Können wir zwar auch, aber wir wollen Besonderes anbieten. Für Essen haben wir ungefähr zwei Aufträge pro Monat, was wir uns aber durch die anderen Geschäftsfelder leisten können.
Und wie kam dann die Idee zu PottKorn?
David hat irgendwann mal beim Kaffeerösten mitgeholfen, weil er Langeweile hatte. Und statt Kaffeebohnen hat er Mais reingeschmissen. Danach war erst mal der halbe Röster kaputt! Ich hab dann gefragt, ob er das auch „in lecker“ machen kann und später kam er dann mit karamellisiertem Popcorn ins Büro – und das Zeug war sooo gut! Da war die Idee spontan geboren. Wir haben dann in der Druckerei Banderolen drucken lassen und das Popcorn bei Kunden mal vorsichtig vorgestellt. Die Resonanz war total positiv. Viele wollten das sofort bestellen.
Und dann ging es los?
Nicht sofort. Wir haben erst überlegt, die Idee an den Nagel zu hängen, weil wir nicht geglaubt haben, dass damit viel Geld zu machen sei. Aber die Kunden sind hartnäckig geblieben und haben immer wieder nach dem Popcorn gefragt, so dass wir es uns doch anders überlegt haben.
Wir haben dann Geräte bestellt, Nährwerttabellen aufgestellt, das Design ausgewählt und los ging’s mit PottKorn! Seitdem haben wir sehr viele Bestellungen und es läuft richtig gut. Wir beliefern zum Beispiel auch Mutterland in Hamburg – das schönste Feinkostgeschäft, das ich kenne. Ich habe dort einfach mal angefragt, ob wir ein Muster schicken können. Es wurde direkt gesagt, dass es dauern kann, bis eine Entscheidung getroffen wird. Einen Tag nachdem das Muster dort ankam, wurden bei uns die Preise angefragt und noch einen Tag später eine Palette PottKorn bestellt. Einen Monat später waren wir Manufaktur des Monats bei denen.
Aber „Pott“ kommt doch von „Ruhrpott“? Und dann in Hamburg?
Pott wird dort nicht mit dem Ruhrpott verknüpft, sondern mit dem Topf (Pott), in dem es geröstet wird. Wir haben durchweg eine positive Resonanz auf unser Konzept mit den Neonfarben und den außergewöhnlichen Namen wie „Hüftgold“ und „Schmatzi für Schatzi“. PottKorn wird dadurch oft als Geschenk gekauft.
Plant ihr noch neue Sorten?
Es kommen jetzt drei neue Sorten dazu: „Gin Tonic“, „der Aufreißer“ mit Parmesan und Thymian und „die Endstufe“ mit weißem Trüffel und Sylter Meersalz. Nächste Woche bin ich auf Sylt, um uns dort in Hotels vorzustellen und die Zusammenarbeit mit Sylter Meersalz zu besprechen.
Mittlerweile haben wir eine halbe Lagerhalle voll mit Popcorn-Resten, die zu klein waren, um in die PottKorn-Tüten abgefüllt zu werden. Wir haben einen Korn entwickelt. Einen guten, handgemachten Korn und haben ihn mit den Popcorn-Resten eingelegt und nochmals destilliert. Das Ergebnis ist ein karamellisierter 45-prozentiger Korn. Das wird PottKorn-Hardcore und der kommt in ganz stylishen Tonflaschen auch bald auf den Markt. Damit sind wir zu unserem Ursprung – zur Cocktail-Szene zurückgekommen. Wir haben damit schon Cocktails entwickelt.
Hast du ein Vorbild?
Ich habe kein richtiges Vorbild. Ich habe immer schon viel gearbeitet und Sachen selbst auf die Beine gestellt. Ich bin immer unterwegs und unter Strom.
Hast du neben der vielen Arbeit noch Zeit für Hobbies?
Ich spiele gern Tennis. Ich gehe zwei, drei Mal die Woche ins Fitness-Studio. Fahre gern Ski. Ich arbeite brutal viel und habe zum Glück eine total nette Frau, die das alles so mitspielt. Wir haben zwei Kinder – 17 und 7 Jahre alt. Es funktioniert einfach alles.
Ist bei dir eine bestimmte Situation der letzten Zeit hängen geblieben?
Ich war mal von der Metro als Jury-Mitglied für einen Wohltätigkeitspreis nach Berlin eingeladen. Ich bin dann von Mallorca nach Berlin geflogen – mit meinem Smoking im Koffer. In Berlin angekommen: Koffer weg! In drei Stunden beginnt die Veranstaltung. Dann hab ich mir schnell in der Stadt den nächstbesten Anzug gekauft und bin zum Maritim Hotel gefahren. „Mein Name ist Grube. Ich möchte gern einchecken.“ Getuschel, Geflüster. „Sie werden gleich abgeholt.“ Ich habe schon meine Zimmerkarte bekommen. Dann auf einmal kommen zwei Riesenschränke runter. Ich: „Kann es sein, dass Sie auf jemand anderen warten?“ „Wir warten auf Herrn Grube.“ Ich sage „Ich bin Herr Grube“ Aber zeitgleich mit mir hatte Rüdiger Grube, der Chef der Deutschen Bahn, eingecheckt. Und ich hatte seine Zimmerkarte. Ich war dann in diesem Hammer Zimmer über Nacht. Das habe ich mir dann einfach mal gegönnt.
Gehst du gern essen?
Ich geh gern essen und gebe für gutes Essen auch gerne Geld aus. In Essen mag ich das Bistecca – das ist qualitativ sehr gut, aber ich find’s auch teuer. Und Officina geht eigentlich immer.
Außerhalb Essens ist das Hohoff’s 800 megagut. Ich sehe mir immer das Konzept des ganzen Ladens an und auch die Inneneinrichtung. Das interessiert mich. In Berlin gibt es noch die abgefahrensten Kaschemmen – zum Beispiel ein Restaurant in einem umgebauten Aldi-Markt. Das sind die Konzepte, die ich liebe. Und da kriegst du Essen vom Allergeilsten für total normales Geld.
Lebst du gern im Ruhrgebiet? Was magst du, was nicht?
Ich bin in Bottrop geboren und aufgewachsen und habe ein enges Verhältnis zu meinen Eltern. Und wollte deshalb auch nie weg. Sie unterstützen und helfen viel und wir sind eng verbunden. Ich habe bisher nie mit dem Gedanken gespielt, wegzuziehen. Das kann ich mir vielleicht in ein paar Jahren mal vorstellen. Penthouse-Wohnung in Düsseldorf zum Beispiel. Aber aktuell lebe ich gern dort, wo ich wohne. Mitten im Erdbeerfeld. Nur wenn ich in Rüttenscheid ausgehe, stören mich die Taxikosten. Dafür könnte ich besser in einem Hotel übernachten …
Wenn das Leben ein Comic wäre, welche Figur wärst du dann?
Ich bin immer unter Strom und kann nicht still sitzen. Wenn ich einen Tag zu Hause chille, ist mir das schon zu viel. Ich bin Workaholic. Vielleicht passt Speedy Gonzales!? Aber mein absoluter Lieblingsfilm ist „The Wolf of Wall Street“. Ich liebe es, wie der aus Scheiße Geld macht und wie er schafft, seine Mitarbeiter zu motivieren und dazu zu bringen, an einem Strang zu ziehen.
Das Interview führten wir im Juli 2018.
Das Interview bietet einen Einblick in die Gedanken, Meinungen und Perspektiven der interviewten Person zu diesem bestimmten Zeitpunkt, reflektiert aber nicht zwangsläufig ihre gesamte Persönlichkeit oder ihre langfristigen Ansichten. Das Leben verändert sich stetig. Unsere Überzeugungen, Werte und Erfahrungen entwickeln sich im Laufe der Zeit weiter. Was heute wahr oder relevant ist, kann in der Zukunft anders aussehen. Dieses Interview ist als Momentaufnahme zu verstehen.