Daniel Duhr aus Essen
„Mit Harz und Herz für den Handball.“
Hallo Daniel, stell dich doch bitte kurz vor!
Hallo, mein Name ist Daniel, ich bin 34 Jahre alt, meine Hobbies sind Schreiben, Sport und Schnitzel. Im Ernst: Ich komme aus Velbert und wohne jetzt in Essen, bin Redakteur, habe an der Ruhr-Universität Bochum Sportwissenschaft und Spanisch studiert und im Anschluss bei der WAZ in Essen volontiert. Aktuell bin ich an der IST-Hochschule für Management in Düsseldorf in der Marketingabteilung als Redakteur tätig.
Was bedeutet die Abkürzung IST?
Die Abkürzung ‚IST‘ ist aus Institut für Sport und Touristik entstanden. Heute ist das IST – um genau zu sein: sind das IST-Studieninstitut und die IST-Hochschule für Management – ein privater Bildungsspezialist, der Weiterbildungen und Studiengänge in den Sport & Management, Tourismus & Hospitality, Fitness, Wellness & Gesundheit sowie Kommunikation & Wirtschaft anbietet.
Kürzlich wurde Dein erstes Buch „Handballhölle Bezirksliga“ veröffentlicht. Wie kam es dazu, dass Du ein Buch geschrieben hast?
Ich glaube, dass viele Redakteure irgendwann mal die Idee haben, ein Buch zu schreiben. So war das bei mir auch. Ich habe während des Studiums begonnen, als freier Redakteur für die WAZ im Sportteil zu schreiben. Und nach vielleicht zwei, drei Jahren kam mir zum ersten Mal die Idee. Dies dann wirklich anzugehen, hat noch eine ganze Weile gedauert.
Ein guter Freund von mir hat mir vor einigen Jahren mal ein leeres Buch und einen Stift mit den Worten „Fang doch endlich mal an! Schreib doch Dein eigenes Buch!“ zum Geburtstag geschenkt. Danach gingen noch zwei Jahre ins Land. Vorletztes Jahr ist der Plan dann konkret geworden. Ursprünglich wollte ich etwas ganz anderes schreiben, habe mich aber hingesetzt und spontan mit dem ersten Kapitel zum Thema Handball begonnen.
Was wolltest Du ursprünglich schreiben?
Es gibt ein Buch – „Lehrerkind“ von Bastian Bielendorfer – das sehr populär geworden ist – da hatte ich eine ähnliche Idee.
Und wieso dann Handball?
Ich habe sehr viel redaktionell über Handball geschrieben. Meist im Lokalteil, aber auch ein bisschen überregional im Sport. Das hat mir immer viel Spaß gemacht. Und genau so viel Spaß hatte ich am Schreiben von kleineren Glossen, die ja täglich in der WAZ erscheinen. Das habe ich verbunden – den Sport, den ich ja auch selbst betreibe und das lustige, pointierte Schreiben in kurzen Kapiteln.
Was ist eine typische Stelle in Deinem Buch?
Kurze Kostprobe aus dem Kapitel „Der Linksaußen“:
Der Linksaußen ist die wichtigste Position. Sagt zumindest jeder Linksaußen. Und tatsächlich hat diese Position eine besondere Strahlkraft! Spätestens seit Stefan Kretzschmar mit seinen Trickwürfen und Kirmestoren die Physik außer Kraft gesetzt hat. Und seit Harz als handballerisches Lebenselexir auch in die kleinsten Turnhallen Einzug erhalten hat, setzen selbst in der Handballhölle Bezirksliga unzählige Stefan Kretzschmars zu Lupfern, Drehern und sonstigen Schweinereien an. Problem: Neun von zehn können es nicht.
Trotz der maßlosen Selbstüberschätzung der Linksaußen und der vielen Parallelen zum „Schönling“, wissen mittlerweile auch die Trainer um deren Wichtigkeit. Mit einem starken (oder zumindest pfeilschnellen) Linksaußen kann man in der Bezirksliga aufsteigen. Aber auch wichtige Spiele verlieren. Die Trainer aber, die einen guten haben und ihn auch zu nehmen wissen, spielen zumindest oben mit. Es sei denn natürlich, das restliche Beiwerk besteht ausschließlich aus Ramsch.
Grundsätzlich lassen sich zwei Typen von Linksaußen unterscheiden: Einer ist überdurchschnittlich gut und spiel- oder sogar saisonentscheidend für die Mannschaft, einer ist überdurchschnittlich schlecht, wird an der Eckfahne geparkt und versauert dort im Interesse aller Mitspieler ohne Anspiele. Zumindest so lange, bis die Partie in die eine oder andere Richtung bis zur Bedeutungslosigkeit entschieden ist.
Das reicht als Teaser, oder?
Reicht. Wie lange spielst Du selbst denn schon Handball?
Ich habe mit sechs Jahren bei den Minis des TuS 1864 Velbert begonnen. Bei den Minis spielen Mädchen und Jungen sogar noch gemeinsam.
Was ist Dir besonders in Erinnerung geblieben aus dieser Zeit?
Wir haben als Kinder immer die Bäume angebohrt, um Harz abzuzapfen.
Harz? Wozu das denn?
Na für die Hände. Das Harz aus dem Baumarkt war zu teuer. Handballer ‚harzen‘, damit der Ball griffiger wird. So kann man Trickwürfe machen – oder zumindest versuchen, die Würfe aus dem Fernsehen mal nachzumachen. Wir waren immer voll dabei. Mit Harz und Herz für den Handball, gewissermaßen.
Du hast Dein Buch ganz ohne Verlag rausgebracht. Wie bist Du auf diese Idee gekommen?
Die Frage ist ja eher: ‚Wie kommt man als kleiner Erstling auf die Idee, es mit Verlag machen zu wollen?‘
Wieso?
Na ja, die Überlegungen sind ja folgende: ‚Was passiert alles, bis ein Buch erscheinen kann? Bekomme ich überhaupt einen Verlag? Und vor allem: Was tut ein Verlag für mich? Wie viele Manuskripte muss ich verschicken, damit ich überhaupt zu einem Gespräch eingeladen werde?
Das hätte sich zu sehr in die Länge gezogen. Außerdem arbeite ich ja selbst im Marketing – von daher lag es nahe, das meiste zu machen. Gute Lektoren habe ich im Bekanntenkreis. Und eine Spitzengrafikerin auch. Ein Verlag streicht sich übrigens – meiner Meinung nach – unverschämt, weil unverhältnismäßig viel Geld ein.
Also: Eigenregie! Macht ja auch unfassbar viel Spaß, sein eigenes Buch herauszubringen …
Und? Ohne Probleme?
Von den üblichen Problemen, die sich leider im Umgang mit Amazon beispielsweise ergeben, abgesehen: ja! Ich bin froh und stolz, dass es auch ohne Verlag so gut gefunzt hat. Es war aber auch eine Menge Glück dabei.
Glück oder harte Arbeit?
Wahrscheinlich beides. Ich habe beispielsweise bei vielen Profis angefragt, ob ich ihnen ein Exemplar zukommen lassen darf. Die meisten haben super locker reagiert und gerne eins genommen, gelesen – und dann etwas via Social Media gepostet. Ähnlich hier vor Ort: TUSEM Essen hat sofort zugesagt, mich zu unterstützen. Ich durfte vor Ort verkaufen und werben – ohne Gegenleistung. So sind sie eben die Handballer: bodenständig, hilfsbereit, cool drauf!
Dein schönstes Erlebnis?
… sind die persönlichen Geschichten. Letztens hat zum Beispiel ein Vater angerufen, der das Buch für seine Tochter kaufen wollte und unbedingt am nächsten Tag brauchte – als Geburtstagsgeschenk. Zufällig war ich sowieso in der Ecke unterwegs und habe ihm das Buch direkt vorbeigebracht. Ein paar Tage später bekam ich dann eine E-Mail von den beiden, die sich super gefreut haben. Das ist oft schöner als fünf Bücher gleichzeitig zu verkaufen.
Hat es für Dich persönlich etwas gebracht, ein Buch zu schreiben?
Die Freude am Schreiben ist während des Buchschreibens stetig mehr geworden. Ich habe schon immer viel Spaß am Schreiben gehabt, aber in den vier Jahren, in denen ich in einer Agentur in Essen gearbeitet habe, ist einiges davon auf der Strecke geblieben. Das waren trockene Themen, da war wenig Möglichkeit, kreativ zu schreiben, das war über weite Strecken demotivierend. Jetzt in Düsseldorf in der Pressestelle des IST macht es mir wieder sehr viel Spaß zu schreiben. Das sind lebendige, positive Themen, nette Leute, das macht richtig Laune. Und parallel dazu – als Hobby sozusagen – das Buch vorangetrieben zu haben, hat die Freude am Schreiben zurückgebracht. Das war ein sehr positiver Nebeneffekt. Und na klar: Es ist schon auch ein ziemlich gutes Gefühl, ein eigenes Buch geschrieben zu haben.
Auf welcher Position spielst Du selbst?
Ich habe die ersten zehn bis fünfzehn Jahre lang links außen gespielt – dann wurde versucht, mich zum Mittelmann umzubauen oder auf Rückraum links umzuschulen – das mache ich im Moment auch noch – aber meine heimliche Liebe ist links außen. Und wenn es möglich ist, dann wechsle ich auch dahin.
Liegt Handballspielen in der Familie?
Mein Vater hat auch Handball gespielt – auch deutlich besser als ich. Das ging bis zur Niederrheinauswahl. Er hat mir damals auch häufig zugesehen. Meine Mutter hat nur zugesehen.
Dein Vater war Richter – hat das in Deinem Leben eine Rolle gespielt?
Ja. Er hat vieles mit nach Hause genommen – im Positiven wie im Negativen. So beschützend, warnend und gut das ist, wenn man jeden Tag hört, was alles passieren kann, so einengend und beängstigend kann das im Negativen auch sein.
Beispiel?
Meine Mutter hat irgendwann mal ein aufblasbares Planschbecken im Garten aufgestellt, Wasser rein und gut. Mein Vater hat vor der ersten Benutzung ein laminiertes Schild drangeklebt: „Benutzung auf eigene Gefahr!“ Alle haben gelacht und das für einen Scherz gehalten. Meinem Vater war das jedoch sehr ernst – wenn ein Schüler der benachbarten Schule in unseren Garten geklettert, in den Pool gestiegen und darin ertrunken wäre, hätte man sonst ein Leben lang dafür zahlen müssen. Sei eben rechtlich so geregelt, hat er gesagt. Das waren eben seine Eigenarten.
Hast Du früher in deiner Jugend rebelliert?
Wenig. Ich war immer recht brav. Ich habe aber das rechtliche Wissen, das ich durch meinen Vater habe, schon in jungen Jahren eingesetzt und lasse mir auch heute noch wenig bis gar nichts gefallen, gerade von Behörden. Zumindest dann, wenn ich überzeugt davon bin, im Recht zu sein. Manches mag dann Prinzipienreiterei sein – aber auch die Stadt Essen hat das schon in einer Beschwerde erfahren und auch brav die 25 Euro erstattet.
Was für 25 Euro?
Belassen wir es dabei – was bei Behörden und ähnlich organisierten Unternehmen wie der Telekom (mein Lieblingsverein) vorgeht, glaubt einem ja doch keiner, der es nicht selbst erlebt hat …
Ich reibe mich dann manchmal unnötig auf. Beispiel: Als ich mein erstes Auto – einen Ford Probe, stolz wie Oskar – hatte, wollte ich unbedingt vor meinem Elternhaus parken. Das Haus liegt in einer abschüssigen Kurve. Ich habe mich dann so weit wie möglich auf den (übrigens sehr breiten) Bürgersteig gestellt und hatte prompt am nächsten Tag ein Knöllchen an der Windschutzscheibe. #Deutschland. Ich habe dann einen Brief geschrieben – ohne, dass mein Vater das wusste –, in dem ich argumentiert habe, dass in der gängigen Rechtsprechung auf dem Bürgersteig noch so viel Platz sein solle, dass eine Frau mit Kinderwagen passieren kann. Der Bürgersteig aber war so breit, dass die Frau hätte Drillinge gebären können und trotzdem noch mit dem Kinderwagen hindurch gepasst hätte. Das habe ich auch genauso ausgeführt. Der Brief ging so raus, landete auf dem Schreibtisch der Leiterin des Ordnungsamtes, welche zufällig in der Kantine des Amtsgerichts zu Mittag aß und diese Anekdote unwissend meinem Vater erzählte. Sie echauffierte sich über den Ton und kam nicht mehr zur Ruhe. Mein Vater fand diese Unverschämtheit lustig, hat sich den Brief zeigen lassen, wurde dann aber plötzlich sehr kleinlaut. Was soll ich sagen? Der Deal war folgender: Ich musste mich entschuldigen, bekam aber in der Sache Recht. Das Knöllchen wurde aufgehoben.
Reist Du gerne?
Ja. Ich habe drei Sommer in Málaga, in Spanien, verbracht – jeweils zwei Monate. Die ersten beiden Aufenthalte habe ich eine Sprachschule besucht. Beim dritten Aufenthalt habe ich bei einer deutschen Zeitung gearbeitet.
Warum bist Du von Velbert nach Essen gezogen?
Ich bin mit meiner Freundin zusammengezogen. Und Essen war die Mitte. Wir kommen beide gut zur Arbeit, haben gute Freunde hier, kommen von Bredeney aus schnell zu unseren Familien.
Was gefällt Dir am Ruhrgebiet?
Nichts. Ich habe nichts für diese Ruhrgebietsverklärung übrig. ‚Charme‘ und ‚Pott‘ und ‚Zechenkultur‘ – das ist nicht meins. Ich finde das einfach hässlich und dreckig. Dann hört man immer das Argument, dass die Leute hier so ehrlich sind. Die sind woanders auch ehrlich. Das ist für mich ein aus der Not heraus geborenes Argument, um überhaupt irgendeines zu finden. Das Bodenständige allerdings finde ich sehr schön und sympathisch. Die grünen Ecken ebenfalls. Das Ballungsgebiet an sich mag ich aber nicht. Viel zu viel Vekehr, A 40 – grausam! Der Grund, nicht wegzuziehen, ist unsere schöne Wohnung am Stadtrand, aber vor allem die Freunde und Kontakte, die wir hier haben.
Wenn das Leben ein Comic wäre, welche Figur wärst Du – und warum?
Der Roadrunner – den mag ich sehr gerne. Der vernatzt den Kojoten immer, hat lustige Ideen, macht Unfug und ist schnell. ‚Meep, meep‘!
Weitere Informationen zur Handballhölle Bezirksliga gibt es auf handballhoelle-bezirksliga.de.
Das Interview führten wir im März 2018.
Das Interview bietet einen Einblick in die Gedanken, Meinungen und Perspektiven der interviewten Person zu diesem bestimmten Zeitpunkt, reflektiert aber nicht zwangsläufig ihre gesamte Persönlichkeit oder ihre langfristigen Ansichten. Das Leben verändert sich stetig. Unsere Überzeugungen, Werte und Erfahrungen entwickeln sich im Laufe der Zeit weiter. Was heute wahr oder relevant ist, kann in der Zukunft anders aussehen. Dieses Interview ist als Momentaufnahme zu verstehen.